Grafenegg - Schloss Grafenegg
(1840 bis 1880)


Leopold Ernst (*1808, †1862)

Beim Schloss Grafenegg handelt es sich um eine Neugestaltung eines mittelalterlichen Vorgängerbaus. Vermutlich angeregt durch Aufenthalte in England begann Graf August Ferdinand Breuner-Enkevoirt 1840 den durchgreifenden Um- bzw. Neubau im Stil des romantischen Historismus, den seine Nachfahren nach seinem Tod 1877 fortsetzten. Architekt war der spätere Wiener Dombaumeister Leopold Ernst. Er verwendete englische und süddeutsch-österreichische Gotikelemente. Die etappenweise durchgeführten Arbeiten dauerten bis 1888, wobei trotz Weiterverwendung mittelalterlicher und frühbarocker Teile ein weitgehend homogen wirkender Bau erzielt wurde, der im österreichischen Raum ohne Parallelen ist.
In den Basisbereichen des Süd- und Ostflügels ist noch Mauerwerk aus dem späten 15. und frühen 16. Jahrhundert sichtbar. Der Hofseite des Osttraktes ist ein schlanker, runder, oben polygonaler Treppenturm vorgesetzt, dessen Wendeltreppe mit der Jahreszahl "1533" bezeichnet ist, das in Frührenaissance-Formen gestaltete Portal ist mit "1538" datiert. Der Osttrakt geht somit auf das 16. Jahrhundert zurück, sein heutiges Äußeres mit den frühbarocken Dachgaupen entstammt vermutlich einem Umbau ab 1630.
Die umfassende Neugestaltung unter Graf Breuner-Enkevoirt verdeutlicht den Ausdruck eines neuen Geschichtsbewusstseins des Auftraggebers und manifestiert adelige Selbstdarstellung und Mäzentatentum. Die Fülle an Detailformen, wie Treppengiebel, Balkone, Erker, Verbindungsgänge, Maßwerkelemente, Wasserspeier, usw. bewirken den Eindruck eines kulissenhaft-märchenhaften Baus. Die Prunkräume des Obergeschoßes sind heute als Museums- und Ausstellungsräume in Verwendung. Nördlich des Wohnschlosses befinden sich zahlreiche Gebäudegruppen, die allesamt wirtschaftliche Funktionen erfüllten. Der gesamte Komplex und der englische Park sind von einer Umfassungsmauer mit Wachtürmchen und Toranlagen umschlossen.